Liebe in Aktion – Lernen in der Tantramassage, Teil 1 (Gastbeitrag auf deviante-pfade.de)

Einige Gedanken darüber, welche Fähigkeiten und Fertigkeiten notwendig sind, um eine gelungene Tantramassage als Berührungs- und Empfindungskunstwerk zu kreieren und warum diese erstrebenswert sind.

Mich haben schon oft nach der Massage Gäste gefragt: „Wie macht ihr das bloß?“ Wie gelingt es uns, völlig fremde Menschen so zu berühren? So zu berühren, dass man sich fühlt, als sei man wirklich und von Herzen geliebt und gewertschätzt, ganz genau so, wie man gerade ist. Dieses Gefühl erleichtert es der Empfänger*in enorm, sich für die Berührung zu öffnen. Ihr Vertrauen und ihre Hingabe ermöglichen es erst, dass die Massage ihre volle Wirkung entfalten kann.

Ich möchte hier versuchen, einen Teilaspekt dieser Fähigkeit zu erklären, der für mich persönlich wichtig ist. Jede Masseur*in hat natürlich ihre eigene Antwort auf diese Frage. Damit erläutere ich gleichzeitig einen Aspekt der Massage, der sie in meinen Augen gesellschaftlich relevant macht. Massagegeber *innen wie auch -empfänger*innen können in der Massage eine Menge lernen, das sie auf andere Lebensbereiche übertragen können.

Als Geberin lasse ich mit meiner inneren Haltung, meinem Gewahrsein und bewusstem Handeln in diesem Massageritual ein symbolhaftes Geschehen entstehen. Man kann die Tantramassage als Ritual deuten, das dazu dient, ein bestimmtes Ethos einzuüben. Auf diese Weise pflegt und trainiert sie bestimmte Tugenden, allen voran: Die Liebe.

Heutzutage tendieren wir dazu, „Liebe“ als ein Gefühl zu verstehen, das unter den richtigen Umständen einfach so passiert, und dem man sich nur hinzugeben braucht. Insbesondere in unseren romantischen Beziehungen führt diese Überzeugung zu nicht unerheblichen Problemen. Darum mag ich den Ansatz, Liebe als eine erlernbare Fertigkeit und Fähigkeit zu betrachten. Laut Erich Fromm enthält sie die Grundelemente Fürsorge, Verantwortungsgefühl, Achtung vor dem Anderen und Erkenntnis. Man kann sie auch als eine Haltung, eine Charakterorientierung des Menschen betrachten. Diese zu pflegen erfordert die Einübung bestimmter Tugenden wie Mut, Demut, Glaube und Disziplin.[1] Dies ist nicht so leicht, denn unsere derzeitige Gesellschaftsstruktur und Sozialisierung fördern diese Fähigkeiten nicht gerade, ganz im Gegenteil.

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